Das Beste – Erinnerungskultur

von Stefan Zowislo

4. April 2017

Medien nutzen runde Jubiläen, um zu erinnern – an Ereignisse, Persönlichkeiten oder Werke. Im Mittelpunkt der Berichterstattung steht dabei der Bezug zur Gegenwart und manchmal auch der Zukunft. Welche Lehren ziehen wir aus der Vergangenheit? Wie aktuell ist eine Idee?  Wie bewerten wir sie mit zeitlichem Abstand? KOMPAKTMEDIEN hat um diese Fragen eine Kampagne entwickelt und damit einen Volltreffer gelandet: „Mensch Raiffeisen. Starke Idee!“. Stefan Zowislo über das Erinnern und die Kampagne.

Wenn der wunderbare Menschenfreund Hanns Dieter Hüsch sich zum niederrheinischen Existentialisten wandelte, wurden seine Motti Lebensgeländer: „Nur wer sich tagtäglich Erinnerungen verschafft, kann sich auch erinnern.“ Über ein Jahrzehnt nach seinem Tod am Nikolausfest 2005 gibt es Erinnerungen als Kultur und die Süddeutsche Zeitung schwärmt davon, dass „die Erinnerungskultur das Beste <sei>, das Deutschland passieren konnte.“ Alles im Hüschchen Sinne…

„Mensch Raiffeisen. Starke Idee!“ – die Wort-Bild-Marke der Kampagne zum Raiffeisen-Jahr 2018 aus dem Hause KOMPAKTMEDIEN bringt die Ansprüche an eine gelungene Erinnerungskultur zum Leuchten. Erstens: Wir erinnern an das Leben und Wirken eines zugleich unbekannten und prominenten Gesellschaftsreformers, der vor 200 Jahren geboren wurde (sozusagen unser historischer Nukleus) – der „Mensch Raiffeisen“. Zweitens: Wir deklinieren die Bedeutung seines Werks aus der aktuellen Perspektive heraus, zeigen, in welchem Maße das genossenschaftliche Prinzip heute in Deutschland (über 22 Millionen aller Bundesbürger sind Genossenschaftsmitglieder) und weltweit zum Wohlergehen beiträgt – die „starke Idee“.

„Idee, die ganz Deutschland abdeckt“

Für eine Agentur kein Job wie jeder andere. Die Akteursstruktur ist ungewöhnlich – Auftraggeber ist mit der Deutschen Friedrich-Wilhelm-Raiffeisen-Gesellschaft und ihrem Vorsitzenden Werner Böhnke („genossenschaftliches Urgestein“) ein so engagiert wie ehrenamtlich aufgestellter Verein. Die deutsche Genossenschaftsszene steckt voller Vielfalt – und Heterogenität. Blaue (= Banken) und grüne (= Landwirtschaft) Welten treffen sich in Gremien und Organen – und gehen anschließend getrennte Wege. Marketing und Kommunikation hat hier und da einen unberührten Charakter. Die politischen Dimensionen des Vorhabens sind so faszinierend wie unentdeckt.

Unsere Antworten adressieren an Kraft und Energie der Akteure auf ihren jeweiligen Spielfeldern. So gelingt es gemeinsam mit dem Land Rheinland-Pfalz, Marx und Raiffeisen – beide Landeskinder wurden 2018 vor 200 Jahren geboren – auf die Festjahrsagenda zu setzen. Die Hidden Champions der genossenschaftlichen Welt committen sich und wollen die Chance des gemeinsamen Auftritts nicht vergehen lassen. Medienpartner klopfen an und wollen dieser „Idee, die ganz Deutschland abdeckt“, auf die Spur kommen (Redaktion) und sie auf die Bühne bringen (Anzeigen). Und Extra-Rückenwind gibt es auch: Ende November 2016 wurde die Genossenschaftsidee in die UNESCO-Liste des Immateriellen Kulturerbes aufgenommen.

Erinnerungskultur ja, Nostalgie nein

Wir sind jetzt „mit Raiffeisen“ im Jahr davor. Die Luther-Kolleginnen und Kollegen sind gerade mittendrin. Wenn wir durch sind, kommt 2019 das Bauhaus-Jubiläum und 2020 feiert Beethoven seinen 250sten. Zwischendurch schlendern wir durch Ausstellungen, die den Siegeszug des Rades seit 200 Jahren feiern oder, wie im letzten Jahr, das 500er-Jubiläum des Reinheitsgebotes ehren. Wir freuen uns, wenn die FAZ zum 120sten von Sepp Herberger dem Weltmeistermacher ihr Titelbild widmet und an seine zeitlosen Wahrheiten erinnert. Dagegen wundern wir uns ein wenig, wie intensiv der SPIEGEL in seiner aktuellen Markenkampagne auf die Testimonialgeber Brandt, Wehner und Strauß setzt und meinen: Erinnerungskultur ja, Nostalgie nein.

Stefan Zowislo ist Geschäftsführer von KOMPAKTMEDIEN. Erinnerungskultur ist ein Thema, das ihn schon länger beschäftigt. Bevor er 2015 in die Agentur kam, leitete er die Staatliche Geschäftsstelle „Luther 2017“.