A man lying on the ground

1. November 2017

Es ist gerade ein wenig schwierig, dem Thema Künstliche Intelligenz nicht zu begegnen. KI boomt in den Bücherregalen, beflügelt Keynotes und provoziert Ethik-Debatten im öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Eine Annäherung durch Ausprobieren.

von Jan-Philipp Sonnenberg

KI hat alles, was ein Hype braucht: ein verblüffendes Konzept, erfolgreiche Musteranwendungen, einen unabschätzbaren Möglichkeitsraum, Risikokapital ohne Ende und: reichlich Verstörungspotenzial. Während disruptionsaffine Junggründer von schnellen Exits träumen, sehen Gewerkschafter in den modernen Rechenmaschinen eine dunkle Bedrohung für Millionen von Arbeitnehmern, die stark routinisierte Tätigkeiten ausüben – und womöglich ganz oben auf der Rationalisierungswunschliste ihrer Arbeitgeber stehen.

Und tatsächlich ist der Stoff faszinierend: Das bereits in den 1940er Jahren ersonnene Konzept eines künstlichen neuronalen Netzwerkes nach dem Vorbild unseres Nervensystems konnte in den 1990er Jahren erfolgreich implementiert werden, verschwand dann aber mangels Business-Relevanz zunächst wieder in der Versenkung.

Ein guter Hype

Die Player der „GAFA“-Ökonomie – Google, Apple, Facebook, Amazon – überbieten sich 25 Jahre später darin, ihre Produkte, aber auch ihre internen Geschäftsprozesse mit künstlicher Intelligenz zu spicken. So verkündet der KI-Papst Jürgen Schmidhuber in 2016: „Google verwendet unser LSTM wie blöd.“ Gemeint ist der von Schmidhubers Team entwickelte Ansatz eines Rekurrenten Neuronalen Netzes (RNN) mit Long Short-Term Memory, dem derzeit wohl performantesten KI-System, unter Fachleuten auch als „Deep Learning“ bekannt.

Diese Netze lernen wie nichts Gutes, selbständig und schnell, aus ihren Fehlern und allem, was die Big Data-Speicher unserer Zeit so hergeben. Sie erkennen Muster, wo wir Chaos sehen und erfinden kreative Lösungen, die menschliche Hirne in Erstaunen versetzen, so etwa der historische Sieg von AlphaGo über den koreanischen Go-Champion Lee Sedol 2016. (AlphaGo wurde seinerseits gerade von seinem autodidaktischen Nachfolgemodell geschlagen. „AlphaGoZero“ musste dazu nicht etwa erst 10.000 historische Go-Partien studieren, sondern übte einfach drauflos, gegen sich selbst.)

Große Kunst – oder nur ein Mann, der am Boden liegt?

Und wie es sich für einen guten Hype gehört, bildet sich beinahe über Nacht ein neuer Schwarm von Experten und Beratern, die die Implikationen des Megatrends für die verschiedensten Geschäftsfelder durchdeklinieren. Für die Kommunikationsbranche heißt das etwa: „Messenger-Bots lösen Apps und Websites ab“, „Bots kreieren personalisierten Content“, „Bots sorgen endlich für eine datengestützte und transparente Media-Planung“. Das gerade erschienene Buch von Peter Gentsch, „Künstliche Intelligenz für Sales, Marketing und Service“, referiert diese Ansätze sehr anschaulich.

Und nun zur Praxis

Was das in der „Praxis“ heißt? Tja, womöglich hilft uns die KI bald wirklich bei der Arbeit. Jedenfalls habe ich einmal versucht, eine praktische Nutzanwendung auszutesten, die Microsoft im Rahmen seines KI-Cloud-Dienstes „Azure“ anbietet und die mir das Schreiben von Bildunterschriften abnehmen könnte: Automatische Bilderkennung und Verschlagwortung.

Natürlich wollte ich die Microsoft-KI nicht unwürdig unterfordern und habe sie daher etwas fies gefüttert, mit dem Schöpfergott persönlich, gemalt von Michelangelo, lange bevor es Computer gab (Vgl. oben). Hier nun das Resultat zur freien Lektüre, allerdings leicht gekürzt. Als Inhaber natürlicher Intelligenz (NI) kriegen wir es schon irgendwie hin, die Dinge zu deuten, davon bin ich überzeugt.

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Jan-Philipp Sonnenberg leitet das Team Strategie & Konzeption bei KOMPAKTMEDIEN. Er scannt digitale Trends und frickelt hobbymäßig in C#.