Lehrreiche 672 Stunden in London

Fremd und vertraut zu gleich – so lautet das Fazit von Daniel Brennecke nach vier Wochen London. Der 22-Jährige ist Auszubildender Mediengestalter Bild und Ton bei KOMPAKTMEDIEN und hat in diesem Rahmen ein Praktikum an der Ravensbourne University of London absolviert. Im Blog berichtet er von seinen Erfahrungen.

25. Juni 2019

Von Daniel Brennecke

Alles begann im Sommer 2018. In der Berufsschule stellte sich das europäische Mobilitätsnetzwerks der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie Berlin „GoEurope“ vor und bot uns ein einmonatiges Betriebspraktikum im Rahmen unserer Ausbildung an, sozusagen das Äquivalent zum Erasmus Auslandssemester für Studierende. Dass Azubis auch solche Erfahrungen machen können, ist an unserer Berufsschule neu und ich bin dort einer der ersten, der den Auslandsmonat absolvieren konnte. Ich war sofort neugierig. Wohnen sollte ich bei einer Gastfamilie, das gefiel mir auch gut. Ich wollte schon immer mal die Erfahrung machen, wie es ist, in einem fremden Land zu leben und zu arbeiten. Nach sehr viel Bürokratie, dem OK meines Ausbildungsbetriebes und einem Vorbereitungsseminar wurde es ernst.

Ein paar Stunden Schlaf

Am 24. März um 02:15 Uhr klingelte mein Wecker und es hieß: aufstehen, duschen und los zum Flughafen Schönefeld, wo um 6 Uhr mein Flieger gen London gehen würde. Schlaftrunken und doch hellwach saß ich im Bus, dann in der S-Bahn und dann auch schon im Flieger. Der Sonnenaufgang begrüßte mich über den Wolken und nach 2 Stunden Flugzeit, welche ich komplett verschlief, wurde ich beim Landevorgang wach. Ich rief meine Gastfamilie an, um zu sagen, dass ich sicher gelandet war und schon machte ich mich auf den 2,5 stündigen Weg nach Bromley.

Grüner Bezirk Bromley

Bromley ist der flächenmäßig größte Bezirks Londons und mein Wohnort für die nächsten 27 Tage. Gelegen im Südosten gilt er als der wohl grünste und ländlichste Stadtteil Londons. Hier wohnte ich mit meinen Gasteltern sowie zwei weiteren Untermietern in einem kleinen doppelstöckigen Haus. Meine Begrüßung war sehr herzlich und ich bekam – ganz nach englischer Sitte – direkt einen Tee in die Hand gedrückt. Innerhalb von wenigen Minuten wurde ich auf mein Zimmer gebracht und konnte meinen restlichen Schlaf nachholen. Am Abend konnte ich dann das erste Mal meine Halbpension ausprobieren und kam damit in den Genuss des köstlichen Essen, welches mein Gastvater gekocht hatte.  Dieses sollte ich, aufgrund seiner Leidenschaft fürs Kochen, nicht einmal bereuen.

Am nächsten Morgen erlebte ich die Nachteile, soweit außerhalb Londons zu wohnen.

Working at Ravensbourne

Mein erster Weg zur Arbeit war ein absolutes Chaos: Ich wusste nicht wie, wann, wo die Busse fuhren und der Linksverkehr war auch nicht besonders hilfreich. Teilweise stand ich auf der falschen Straßenseite und als mein Bus mitten auf der Straße einen Motorschaden hatte, wusste ich, dass ich mehr als ein bisschen zu spät kommen würde. Dreieinhalb Stunden später sah ich das erste Mal meinen Arbeitsplatz, die Ravensbourne University of London. Die Universität liegt im Zentrum Londons, direkt an der Themse und gegenüber der O2 Arena an der North Greenwich Station. Zwei Stunden von meiner Unterkunft entfernt. Das Gebäude ist ein absoluter Hingucker und veranschaulicht somit auf wundervolle Weise den Schwerpunkt der Universität: Architektur, Design, Mode und Film. Hier sollte ich die nächsten vier Wochen im Incubation Programme, einer Abteilung der Universität, arbeiten und Imagefilme für Firmen herstellen. Nachdem ich von meiner Mit-Praktikantin aus Portugal durch die Türschleuse geführt worden war, traf ich das erste Mal meine Chefin und Abteilungsleitern des Incubation Programme an der Ravensbourne Universität. Durch diese erfolgte ein Briefing für die nächsten Wochen und dann ging es schon los. Unsere Aufgabe war es, Interviewfilme mit den Firmen des Incubation Programmes zu drehen und in der Postproduktion aufzubereiten, damit diese auf Website sowie im Intranet veröffentlicht werden konnten. Also begannen wir von ganz vorne: Wir erstellten ein Konzept mit Fragen, scouteten die Uni nach einem möglichen Drehort und versuchten, Kontakt mit den Firmen herzustellen um Drehtermine ausmachen zu können.

Des Weiteren erstellten wir eine Technik-Disposition und versuchten, bei der komplizierten internen Infrastruktur der Uni keinem auf die Füße zu treten. Nach unzähligen Meetings, Rücksprachen und haufenweise Bürokratie waren wir am Ende der ersten Woche bereit für die ersten Interviews.

Cooler Betriebsausflug: Azubi Daniel Brennecke war in London. Natürlich hat er dort auch einen kleinen Film gedreht.

Von Film über Mode bis hin zum Prüfungsbogen-Hersteller

Nach erfolgreichem Einleuchten und Dekorieren des Raumes sowie Einrichtung der Technik, startete direkt das erste Interview. Dieses sollte eines von zehn weiteren werden, das ich gemeinsam mit einer anderen Praktikantin aufnehmen, schneiden und untertiteln sollte. Dadurch, dass wir zu zweit waren, hatte ich das erste Mal die Gelegenheit, in die Rolle des Redakteurs zu schlüpfen. Somit konnte ich nicht nur meine schon erworbenen Kameraerfahrungen erweitern und festigen, sondern redaktionelle Aufgaben übernehmen und aktiv mit den Interviewpartnern agieren.

Während wir uns für die Interviews an unseren vorher erstellten Fragenkatalog hielten, hatte ich die Möglichkeit, ausgiebig mit den Leuten über ihre Schaffenswege als Selbständige zu reden. Die Lebenswege und Lebenslagen waren grundsätzlich so unterschiedlich, dass es mir unglaublich viel Spaß machte, mich immer wieder mit neuen Menschen zu unterhalten und aus deren Erfahrungen und Geschichten etwas für meine eigene berufliche Zukunft mitzunehmen.

Back to Berlin

Nach vier Wochen war es dann schon wieder vorbei. Man soll ja immer aufhören, wenn es am Schönsten ist. Abschließend kann ich sagen, dass ich sehr dankbar für die Möglichkeit bin, diese Erfahrung gemacht zu haben. Seinen Beruf schon in der Ausbildung in einem anderen Betrieb, sogar in einem anderen Land und in einer anderen Sprache ausüben zu können ist ein Privileg welches nicht selbstverständlich ist. Ich gehe nun entspannter meiner Zukunft entgegen, da es mir gezeigt hat, dass ich mit meinem Beruf wirklich überall in der Welt etwas anfangen kann. Die Technik bleibt die gleiche, nur die Menschen sind andere. Es war ein interessanter Kontrast, auf diese Weise London zu erleben, vertraut und fremd zugleich. Auch wenn ich nun zurück in Berlin bin, werde ich meine Erfahrungen, Erinnerungen und neuen Freundschaften aus London behalten. Es waren lehrreiche, tolle 672 Stunden in London, die ich mein Leben lang nicht vergessen werde. Und wer weiß…vielleicht werde ich in ein paar Jahren die Möglichkeit haben, nochmal im Ausland zu arbeiten.

Daniel Brennecke ist Auszubildender Mediengestalter Bild und Ton bei KOMPAKTMEDIEN. Auch wenn er selbst ein Stubenhocker ist, ist er dennoch überraschend viel unterwegs: auf Drehs in ganz Deutschland und jetzt sogar in London.