Fünf Erkenntnisse der PLAY-Bewegtbild-Konferenz in Berlin

22. September 2017

Glotzen geht immer. Wer Aufmerksamkeit wecken und lenken will, tut das mit Bewegtbild – mal informativ, mal witzig, mal dilettantisch, mal mit Goldkante.

von Marcus Fischer-Dieskau

Der Mensch verarbeitet visuelle Informationen viel schneller als Texte. Er sieht, staunt – und vergisst. Bleibende Eindrücke zu hinterlassen, ist deshalb schwer. Das ist für Unternehmen und Institutionen schwer zu verkraften, denn es bedeutet, die Aufmerksamkeit immer wieder neu erringen zu müssen.

Dabei helfen eine Vielzahl neuer Formatideen, Kanäle und technischer Möglichkeiten – von leistungsstarken Datenspeichern über rasante Übertragungsraten bis hin zu einer breiten Palette mobiler Abspielgeräte (die gleichzeitig auch Aufnahmegeräte sind). So ist für Nachschub immer gesorgt. Ohne Investitionen geht es jedoch nicht. „Filmchen“ kosten Geld, auch wenn sie nicht unbedingt danach aussehen müssen.

Auf der mittlerweile 5. PLAY Strategiekonferenz für Bewegtbildkommunikation stand das Thema Authentizität im Mittelpunkt, also herauszufinden, welche Art von Bewegtbildkommunikation zu einem Unternehmen oder einer Institution passt. Und natürlich darum, was sich damit erreichen lässt. KOMPAKTMEDIEN war mit zwei Mitarbeitern auf der Veranstaltung vertreten. Allein schon wegen der folgenden Erkenntnisse hat sich der Besuch auf der Play-Konferenz 2017 in Berlin gelohnt.

 1. Bewegtbild ist Kampf

Bewegtbild ist in vielen Unternehmen und Institutionen immer noch Kampf. Es steht nicht im Zentrum der Kommunikation, sondern irgendwo am Rande. Damit beauftragt werden fachfremde Einzelkämpfer, die sich das nötige Know-how on-the-job aneignen. Budget? Kaum. Manchmal gar keines. Kollegen und Vorgesetzte behindern eine Filmproduktion eher als sie zu unterstützen. Mitmischen: gerne, Mitmachen: lieber nicht. So oder so ähnlich berichten es viele Teilnehmer der PLAY-Konferenz. Immerhin: Sie sind hier. Weil ihren Chefs langsam dämmert: So kann es nicht weitergehen.

2. Bewegtbildkommunikation macht man nicht nur nebenbei

Was oft einfach aussieht, macht richtig viel Arbeit. Mit der Kommunikation durch Bewegtbild kann man eine ganze Unit beschäftigen. Es braucht Konzeption, Redaktion, Produktion und Postproduktion – das ist in der Regel zu viel für eine Person. Es braucht darüber hinaus ein Community-Management. Einen Film auf YouTube hochladen, ist nicht genug. In den sozialen Medien werden Filme nicht bloß angeschaut, sondern kommentiert, geliket und geteilt. Interaktion ist der Schlüssel zum Erfolg.

3. Bewegtbild muss nicht teuer sein

Früher – das heißt noch in den Nullerjahren – rückten für jede Bewegtbildproduktion mindestens drei Mann an: für Kamera, Ton und Regie. Hinzu kamen manchmal noch ein Producer, ein Pressesprecher als Aufpasser und ein Praktikant als Setrunner. Heute werden Videos mit dem Smartphone gedreht, mit der App geschnitten und direkt veröffentlicht. Das geht ganz gut, ich habe es bereits vor der Play-Konferenz ausprobiert! Das Ergebnis ist natürlich ein völlig anderes als bei einer professionellen Produktion. Man ist sogar gut beraten, gar nicht erst zu versuchen, unter unprofessionellen Voraussetzungen ein professionelles Ergebnis erzielen zu wollen. Wobei Professionalität an dieser Stelle ein völlig veraltetes Konzept ist und erst recht kein Kriterium für Erfolg. Clips, mit dem Smartphone ausgenommen, werden in den sozialen Medien tausend und millionenfach geklickt – und kosten kaum Geld. Ob es mit ein, zwei Smartphone-Clips im Jahr allerdings getan ist, ist eine andere Frage.

Bei der Play-Konferenz in Berlin tauschten sich Bewegtbild-Profis aus.
Bei der Play-Konferenz in Berlin tauschten sich Bewegtbild-Profis aus.

4. Agenturen werden noch gebraucht

Unternehmen und Institutionen machen vieles selbst. Einige bilden Einzelkämpfer aus (siehe oben), andere gründen mit allem Pipapo ausgestattete Newsrooms (siehe Telekom). Die Einsicht hat sich durchgesetzt, dass es nicht damit getan ist, ab und zu mal ein Vorstandsinterview auf YouTube zu stellen und das mit Bewegtbildkommunikation zu verwechseln. Das bedeutet aber nicht, dass alle alles machen müssen. Unterstützung durch Agenturen wird deshalb weiterhin gesucht, in Konzeption, Redaktion und Umsetzung. Smartphone-Clips können Bestandteil der Strategie sein, sind aber nicht alles. Bewegtbildkommunikation braucht Kreativität, Expertise und bindet Personal. Während der Bewegtbild-Konferenz wurde klar: Nur wenige Unternehmen und Institutionen können das leisten.

 5. Es gibt noch Überraschungen

Kommunikation mit Bewegtbild funktioniert manchmal am besten, wenn sie an der Zielgruppe vorüberzieht. Nicht ungesehen, natürlich, aber flüchtig. Und sich selbst nicht so furchtbar ernst nimmt. Dazu passt, was die Journalistin und Moderatorin Eva Schulz über die Do’s & Don’ts für Storytelling auf Snapchat berichtet. Sie erreicht ihre Zielgruppe in der U-Bahn, auf dem Schulhof oder im Bett. Diese fast immer jungen Menschen kennen Tagesschau, heute journal und Monitor nur noch vom Weggucken. Mit Snapchat gelingt es dennoch, sie für Wahlen oder die Flüchtlingskrise zu interessieren. In Deutschland gibt es über fünf Millionen Snapchatter, die die App täglich nutzen. 60 Prozent davon sind 18 Jahre oder älter. Wer diese Zielgruppe erreichen will, muss sich für Snapchat interessieren. Vieles, was man von „herkömmlichen“ Bewegtbildproduktionen kennt, wird einem bekannt vorkommen.

Das Fazit? KOMPAKTMEDIEN bündelt seine Bewegtbild-Kompetenz mit einer eigenen Unit unter dem Dach des Teams Content & PR. Hier entstehen Konzepte, Formate – vor allem aber Filme für unsere Kunden. Wir hängen uns voll rein. Unsere eigenen Auftritte im Netz werden bald vor lauter Bewegtbild nicht mehr wiederzuerkennen sein. Wir sind randvoll mit Ideen und gehen der Geschäftsführung damit gehörig auf die Nerven. Ich sage nur: Medientraining. Selbst schuld, wenn man seine Mitarbeiter auf eine Bewegtbild-Konferenz schickt.

Marcus Fischer-Dieskau leitet bei KOMPAKTMEDIEN das Team Content & PR. In seinen ersten zehn Berufsjahren war er nahezu ausschließlich als Bewegtbild-Redakteur tätig. Wenn er von früher erzählt, lachen sich die Filmemacher von heute kaputt. Das war einfach eine völlig andere Zeit.