Warum Pressekonferenzen überbewertet sind

In den Köpfen vieler Kunden ist die traditionelle Pressekonferenz immer noch das beste Werkzeug, um Wunschnachrichten schnell zu verbreiten. Doch dank Digitalisierung werden heute Informationen ohnehin sehr schnell an alle Redaktionen weitergegeben. Ist die Pressekonferenz deshalb tot? Nein, aber sie muss anders genutzt werden als früher.

11. April 2019

Von Fredrik Barkenhammar

Es gibt vor allem einen Grund, warum Journalisten zu einer Pressekonferenz erscheinen: Sie wollen Neuigkeiten für ihre Leser, Hörer oder Zuschauer abgreifen. Wenn aber nichts wirklich Neues präsentiert wird, haben Journalisten besseres zu tun als Selbstverständliches zu wiederholen. Mal ehrlich: Die Schlagzeile „Die Kampagne vom Ministerium läuft genau nach Plan“ erzeugt nicht so richtig viele Klicks. Und sie verkauft auch keine Zeitung.

Sagen wir mal, wir machen eine Kampagne, um mehr Geflüchtete in Ausbildungen zu vermitteln. Welche Schlagzeile würden Sie anklicken?

„Ministerium präsentiert neue Kampagne zu Ausbildungschancen für Migranten“

oder

„8 von 10 Geflüchteten wünschen sich einen Ausbildungsplatz, finden aber keinen“

Konkret ist immer besser

Zahlen und Neuigkeiten sind Grundlagen für Geschichten. Wir arbeiten bei KOMPAKTMEDIEN oft mit Studien oder Umfragen, um Neuigkeiten zu präsentieren. Im Vorfeld beauftragen wir mit dem Kunden eine Erhebung oder Untersuchung oder Studie, um tatsächlich etwas Interessantes präsentieren zu können.

Meine Erfahrung ist: Wenn wir eine Einladung zu einer Pressekonferenz versenden, um diese neuen Zahlen zu präsentieren, können wir einige Rückmeldungen erwarten. Auf die muss allerdings gut und richtig reagiert werden.

Das kann zum Beispiel so aussehen: Die auflagenstärkste Zeitung der Republik, die BILD-Zeitung, meldet sich und kündigt an, gerne über das Thema zu berichten. Unter einer Bedingung: Wenn BILD die Daten vor der Pressekonferenz bekommt. „Ansonsten ist es leider nicht interessant für uns.“ Das heißt, wir kommen nur ins Geschäft, wenn die BILD (oder ZEIT oder Süddeutsche Zeitung oder irgendeine andere, zum Thema und Kunden passende Publikation) morgens über etwas berichten kann, was alle anderen erst um zehn Uhr auf der Pressekonferenz erfahren.

Was nun? Angebot annehmen oder nicht? Klar, wir wollen die Aufmerksamkeit des auflagenstarken Mediums, aber wir möchten auch die anderen Zeitungen, Sender und Kanäle keineswegs verprellen.

Die Lösung ist ein Kompromiss

BILD darf ein Häppchen sehen und als erste darüber berichten, sie bekommt aber keinen Erstzugriff auf alle erhobenen Daten.

Es folgt die zweite Rückmeldung: Eine Nachrichtenagentur wie beispielsweise dpa meldet sich und schlägt vor, das Material im Vorfeld sehen zu dürfen, jedoch noch nicht vorzustellen. So habe man Zeit, sich gründlich mit den Daten zu beschäftigen und gegebenenfalls dann auch ausführlicher darüber zu berichten. Aber sie würden eine Sperrfrist einhalten und es erst um 10 Uhr, also zum Zeitpunkt der Pressekonferenz, verbreiten. OK. Machen wir.

Nächster Anruf: Deutschlandfunk. Der Sender wünscht sich ein Interview mit einem Experten. „Aber unsere Sendung ist schon um 9 Uhr. Können Sie das einrichten?“ Klar können wir das, im besten Fall sind die Experten schon instruiert und stehen zur Verfügung für genau solche Anfragen.

Wenn keiner kommt

So wird nach und nach eine Pressekonferenz lediglich zum Anlass für die Berichterstattung, sie ist kein Termin mehr, zu dem der Journalist zwangsläufig erscheinen muss.  Die Geschichten sind im Vorfeld verbreitet und werden auch pünktlich veröffentlicht. Die Pressemappe wird digital verbreitet, die Ansprechpartner (Initiatoren, Interviewpartner) sind jederzeit greifbar. Warum sollte die Redaktion also extra jemand entsenden?

So planen Sie richtig

Gehen Sie deshalb sparsam mit dem Instrument Pressekonferenz um: Gut geeignet ist es nach wie vor in besonderen Situationen, etwa, wenn Telefone Sturm klingeln und das Interesse größer ist, als ihre Pressestelle bewältigen kann. Dann lohnt es sich, eine Pressekonferenz einzuberufen, um Informationen gezielt und korrekt zu vermitteln.

Ansonsten investieren Sie Ihr Geld besser in etwas, was wirklich Nachrichten produziert: Neue Erhebungen zu einem vernachlässigten Thema, die besondere Zahl, die groß angelegte Studie. Präsentieren Sie etwas, das vorher nicht bekannt war und berichtenswert ist, und die Nachfrage ist Ihnen sicher.

Fredrik Barkenhammar ist Berater für Presse- und Medienarbeit bei KOMPAKTMEDIEN. Er ist fest davon überzeugt, dass Catering bei Pressekonferenzen nie über Kaffee, Tee und Wasser hinausgehen sollte.